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Studie 2021 – Medienkompetenz auch im Alter wichtig

Das Internet ist aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Es bietet aber mehr als nur die Möglichkeit, einzukaufen, sich zu vernetzen oder eine Urlaubsreise zu buchen. Ein Großteil der Nutzungszeit verteilt sich auf dem Konsumieren von News. Dazu braucht es Medienkompetenz, um korrekte und falsche Nachrichten zu unterscheiden. Denn Menschen lesen nicht nur über Sport und Promis, sondern gerade jetzt auch viel über Politik und extreme Meinungen. Eine Studie zeigt, dass wir noch Nachhilfe in Sachen Medienkompetenz brauchen.

Für viele Menschen stimmt das, was sie im Internet lesen. Sie vergleichen den Wahrheitsgehalt mit der früheren Tageszeitung. Vergessen wird dabei, dass jeder etwas ins Internet schreiben kann und die Inhalte daher nicht auf Richtigkeit geprüft werden. Das ist die Aufgabe desjenigen, der die Inhalte konsumiert. Wer sich also über Umweltschutz, E-Autos oder Corona informiert, der findet so ziemlich jeden Standpunkt niedergeschrieben, Von inhaltlich korrekt und sauber recherchiert bis zu ausgedacht und hetzerisch. Ein erster Anhaltspunkt ist die Seriosität der Quelle. Aber wir setzen erstmal etwas früher an.

Medienkompetenz – Definition

Es gibt nicht die eine korrekte Definition zu Medienkompetenz. Und das ist nachvollziehbar, denn gerade in die letzten zwanzig Jahren hat sich die Medienwelt durch das Internet, Blogs und Social Media sehr verändert. Erziehungswissenschafter Dieter Baacke hat sich das Thema schon im letzten Jahrhundert vorgenommen und hervorgehoben, dass die Menschen zusätzliche Kompetenzen lernen müssen, um sich in der komplexen Medienwelt zurechtzufinden. Auf dieser Grundlage ist eine aktuelle Definition:

Medienkompetenz meint die Fähigkeit, Medien verantwortungsvoll zu nutzen. Heute wachsen Kinder in einer digitalen Welt auf und müssen lernen, wie sie die Medienangebote für ihre Zwecke nutzen können und dabei immer kritisch bleiben. Das gilt gleichermaßen aber auch für ältere Menschen. Auch die dürfen nicht alles glauben, was in den Untiefen des Internets zu finden ist.

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© Obi Onyeador (Unsplash)

Warum ist Medienkompetenz wichtig?

Unabhängig vom Alter sollte jeder Mensch in der Lage sein, im Web zu surfen. Dabei geht es aber um viel mehr als nur Klicks. Es geht darum, auf welchem Weg man zu Informationen und Antworten kommt. Welcher Mausklick gut und welcher gefährlich ist. Wie sich Fake-News erkennen lassen, wie sich Journalismus von Schwurbelei unterscheidet, wie man Streamen kann und was es mit Plattformen wie Twitch, youTube, Facebook und Instagram auf sich hat. Und wie man eine Videokonferenz startet. Denn wer die Funktionsweise versteht, der ist schon einen großen Schritt weiter.

„Mit dem Alter sinkt die digitale Nachrichtenkompetenz: Je älter, desto geringer die
Kompetenzwerte. Oder umgekehrt: Je jünger, desto kompetenter…“

Stiftung Neue Verantwortung (Studie 2021)

Wie kann man Medienkompetenz fördern?

Ältere Menschen sind keine „digital natives“, sind also nicht mit dem Smartphone in der Wiege groß geworden. Daher braucht es zuerst einmal Selbstvertrauen für die Nutzung des Internets und die Erkenntnis, dass man das Netz nicht kaputtmachen kann. Im nächsten Schritt geht es dann um die Problemlösungskompetenz und das Einschätzen von Risiken. Das geht von der Bereitschaft zum Online-Shopping, der Einrichtung von einem Bankkonto oder die passenden Einstellungen im eigenen Social Media Profil. Und dann braucht es einen Blick auf die Inhalte: was sind News, was ist Werbung und was sind falsche Informationen.

Für Senioren bietet sich Kurse an, um sich in den Untiefen des Internets besser zurechtzufinden. Ansonsten kann man sich auch autodidaktisch die Fähigkeiten selbst aneignen. Das geht online und erfordert aber bereits eine gewisse Souveränität im Umgang mit Online-Angeboten.

Studie zur Medienkompetenz

Das auch bei älteren Menschen noch Nachholbedarf in Sachen Medienkompetenz besteht, zeigt eine Studie der Stiftung Neue Verantwortung aus dem Jahr 2021. Diese Quelle ist verifiziert, die SNV ist ein inhaltlich unabhängiger Think Tank und befasst sich mit aktuellen politischen und gesellschaftlichen Fragen des technologischen Wandels.

studie medienkompetenz endergebnis
© Stiftung Neue Verantwortung

Hintergrund

Gerade jetzt in der Pandemie und in anderen Krisen braucht eine Demokratie gut informierte Bürger*innen. Deren Fähigkeit, Nachrichten abzurufen, zu verstehen, einzuordnen und zu hinterfragen kann Einfluss darauf haben, ob Menschen zu Populist*innen werden, Vertrauen in Institutionen verlieren oder Falschnachrichten verbreiten. So hat die Kompetenz der Bevölkerung im Umgang mit Nachrichten und Informationen in den letzten Jahren extrem an Bedeutung gewonnen. Und das ist gut so, denn durch den Medienwandel sind es eben nicht mehr nur Journalisten und deren Publikationen, die Einfluss nehmen.

Die Bürger*innen sind in der Aufnahme und Verarbeitung auf sich allein gestellt. Sie müssen für jede einzelne Nachricht jedes Mal aufs Neue selbst darüber entscheiden, ob eine Quelle oder Information für sie vertrauenswürdig ist. Und ob sie sie lesen, liken, oder sogar teilen beziehungsweise weiterleiten. Diese Fähigkeiten werden in Zukunft an Relevanz noch zunehmen.

Ende 2020 setzte die Stiftung Neue Verantwortung eine Studie rund um Medienkompetenz auf und befragte online 4.191 Internetnutzer*innen ab 18 Jahren. Hier sind einige wichtige Ergebnisse in Kurzform.

Eine Auswahl der Test-Ergebnisse

Wer sich für das Thema interessiert, der kann sich auf der Internetseite der SNV die gesamte Studie als pdf herunterladen. Für einen ersten Einblick fassen wir hier einige wichtige Ergebnisse zusammen.

Unterschiede zwischen Desinformation, Information, Werbung und Meinung werden zum Teil nur schwer erkannt 

Den Teilnehmern der Studie fällt es mitunter schwer, zwischen Werbung, Information, Desinformation und Meinung zu unterscheiden. Eine redaktionelle Werbung, auch Advertorial genannt, halten 56 % fälschlicherweise für eine Information. Auch Falschinformationen in sozialen Netzwerken werden von fast der Hälfte der Befragten nicht erkannt. Und eine Unterscheidung von meinungs- und tatsachenorientierten Beiträgen ist ebenfalls ein Problem.

Studie zeigt Medienkompetenz in verschiedenen Altersgruppen
© Stiftung Neue Verantwortung

Kennzeichnungsstrategien von Social-Media-Plattformen zu Desinformationen bisher kaum wirksam 

Insbesondere Plattform-spezifische Hinweise der einzelnen Online-Angebote wie zum Beispiel Social Media sind offensichtlich wenig wirksam. Facebooks Label zum Faktencheck oder Hinweise bei Wikipedia konnten entweder gar nicht identifiziert oder nicht richtig eingeordnet werden. Ähnlich schwierig fiel es auf Nachrichtenseiten. Nur 7 % der Befragten erkannten den Hinweis auf ein Advertorial als Werbekennzeichnung. Und knapp ein Drittel der Befragten identifizierte die Markierung eines Meinungsbeitrags als „Kolumne“ als hilfreichen Hinweis. 

Menschen zweifeln an Unabhängigkeit des Journalismus von der Politik 

Viele Menschen vermuten eine Verbindung von Medien und Politik. Immerhin gut ein Viertel der Bevölkerung teilt die Vorwürfe gegenüber der „Lügenpresse“. Ebenso viele Befragte stimmen der Aussage zu, dass die Politik und die Medien gemeinsam die Meinung der Bevölkerung manipulieren. Dazu 28 %, die das zum Teil glauben. Und 24 % glauben, dass die Deutschen von Medien systematisch belogen werden.

Knapp die Hälfte besteht den Test, nur 22 % erreichen hohe Werte 

Zur besseren Vergleichbarkeit wurde ein Punktesystem entwickelt, bei dem maximal 30 Punkte erreicht werden konnten, wenn alles komplett korrekt beantwortet wird. Im Durchschnitt wurden von den Befragten 13,3 Punkte erreicht. Ein Drittel der Befragten liegt im Mittelfeld. Nur 22 % erreichen hohe oder sehr hohe Kompetenzwerte und mit 46 % liegen die meisten Befragten im Bereich der (sehr) geringen digitalen Medienkompetenz im Bezug auf Nachrichten- und Informationsangebote. 

medienkompetenz nach alter und bildung studie
© Stiftung Neue Verantwortung

Jüngere Generationen kompetenter als Ältere – allerdings abhängig vom Bildungsabschluss 

Je älter die Befragten sind, desto geringer sind die Kompetenzwerte. Dazu kommt die Frage der Schulbildung. Grob vereinfacht gilt: Je höher die formale Schulbildung, desto höher die Kompetenzwerte und desto höher auch das Vertrauen in Journalismus und Politik. 

Digitale Nachrichtenkompetenz hängt auch mit demokratischer Grundhaltung zusammen 

Neben den Unterschieden in Sachen Bildung und Alter steht auch die demokratische Grundhaltung der Befragten in Zusammenhang mit digitaler Nachrichten- und Informationskompetenz. Zur demokratischen Grundhaltung wird die Bereitschaft der Bürger*innen gezählt, sich über Politik zu informieren, unabhängigen Journalismus wertzuschätzen, ein gewisses Grundvertrauen in Demokratie und Medien mitzubringen sowie die Fähigkeit, auch andere Meinungen zu tolerieren. Menschen die diesen Einstellungen eher ablehnend gegenüber stehen, zeigen auch eine geringere Nachrichten- und Informationskompetenz.  

Besonders bei AfD-Anhänger*innen digitale Nachrichtenkompetenz niedrig

Die Anhänger*innen verschiedener Parteien schneiden recht unterschiedlich ab. In Sachen Medienkompetenz liegen die Anhänger der FDP an der Spitze, dicht gefolgt von den Grünen. Es folgen die Linken und die SPD. Zielgenau im Gesamtdurchschnitt befinden sich die Anhänger*innen der CDU. Und das Schlußlicht bilden die Anhänger*innen der AfD. Somit scheint nicht nur die Präferenz einer Partei entscheidend zu sein, sondern auch wieder Alter, Bildung und die Ausprägung der demokratischen Grundhaltung und dem Vertrauen in Politik und Medien.

medienkompetenz nach alter studie 1
© Stiftung Neue Verantwortung

Fazit zur Medienkompetenz

Die Ergebnisse der Studie zeigen: es gibt für uns alle noch eine ordentliche Meile zu gehen. Denn auch bei Erwachsenen und älteren Menschen ist der Bildungsbedarf hoch. Die digitale Nachrichtenkompetenz sank im Schnitt mit dem Alter deutlich und signifikant. Medienkompetenz meint nur nicht die Fähigkeiten junger Menschen, mit digitalen Angeboten umzugehen. Auch wir älteren haben noch Hausaufgaben zu machen, um all das, was wir jeden Tag lesen, besser einzuordnen und zu verarbeiten. Der kritische Blick sollte geschärft und Quellen geprüft und hinterfragt werden. Das wäre ein sinnvoller erster Schritt, die Medienkompetenz zu erhöhen.

Titelbild © sebra (Shutterstock)

 

Kai Bösel
Kai Bösel
Kai Bösel (Jg. 1971) lebt als Patchwork-Papa mit der Familie in Hamburg. Neben NOT TOO OLD betreibt er auch das Väter-Magazin Daddylicious. Außerdem ist er Experte für Influencer-Marketing. Bisher hat er bereits fünf eigene Unternehmen gegründet, schreibt für diverse Print- und Online-Magazine, tritt als Speaker und Moderator auf und betreibt zu diesem Magazin auch einen Podcast. Nach Feierabend entspannt er beim Laufen oder Golf.

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