HomeSPASSMobilitätFreiheit auf 4 Rädern - Kinderbuchautor THiLO genießt das Vanlife

Freiheit auf 4 Rädern – Kinderbuchautor THiLO genießt das Vanlife

Manche Veränderungen treffen dich wie ein Blitzschlag. Ins Vanlife wuchs Kinderbuchautor THiLO (Jg. 1970) über einen längeren Zeitraum hinein, dafür um so nachhaltiger. Heute lebt und arbeitet er bis zu 220 Tage pro Jahr im Van. Mit Superkutschen hat er jetzt gar seine eigene Vermietung für individuell ausgebaute Camper gegründet. Darüber hat er uns einen Gastbeitrag verfasst.

Vogelgezwitscher weckt mich. Die offene Dachluke lässt würzige Waldluft herein. Mit einem Schritt bin ich am Gasherd, mache mir einen erstklassigen Kaffee und öffne die Hecktüren. Gestern Abend bin ich erst spät angekommen, aber den Van habe ich trotzdem perfekt ausgerichtet. Ich stehe an einer Wiese mit Pferden, in der Ferne sind schon die Berge der Voralpen zu sehen. Was für ein Ausblick! Ich krabbele ins Bett zurück und lese mit der Tasse in der Hand das Kapitel zu Ende, über dem ich gestern eingeschlafen bin.

Unter den neugierigen Blicken von einem Schimmel und zwei Rappen klappe ich anschließend das Laptop auf und beginne meine Arbeit. Später habe ich noch eine Schullesung, sie hat mich in diese Ecke von Deutschland gelotst, die ich bisher nicht kannte. Am Nachmittag werde ich weiterziehen, in eine neue Gegend, auf einen neuen Standplatz. Vielleicht an einem Fluss? Ich weiß es noch nicht, Vanlife lässt mich weniger planen und mehr Raum für Spontanität. Wo es mir gefällt, da halte ich.

THiLOWeinlaubeLesen
Vanlife heißt für Thilo auch: Pause in den Weinbergen

Vom Zeltlager zum selbstausgebauten Camper

Fernweh hatte ich schon immer. Zum neunten Geburtstag bekam ich einen Globus und träumte mich von da an täglich in Länder wie Madagaskar, Mexico oder Malta. Mit den Pfadfindern kam ich dann immerhin bis Westernohe und an den Faaker See. Dabei lernte ich aber etwas anderes kennen, das mich seitdem nicht mehr losgelassen hat: Das Leben im Zeltlager. Mir gefiel schon damals, alles Wichtige in einer einzigen Tasche dabeizuhaben. Dazu kam der besondere Tages-Rhythmus beim Zelten, das Augenmerk auf die vermeintlichen Nebensächlichkeiten, wie Kochen, Spülen, Holz hacken. Und natürlich das allabendliche Lagerfeuer, auf das die Nachtwache später aufpassen musste  – zwei Knirpse ohne Erwachsene am Feuer, dafür kämen Gruppenleiter heutzutage sicher in den Knast.

Zwanzig Jahre und viele Fernreisen später habe ich mIt der eigenen Familie die Erfahrungen fortgeführt. Der lange Jahresurlaub fand immer auf dem gleichen, sehr einfachen Campingplatz am Atlantik statt. Dort gibt es nichts außer Strand, Meer und Pinien. Schon nach drei Tagen vor Ort fiel der Alltag von uns ab und niemand konnte mehr sagen, ob gerade Sonntag oder Mittwoch war. Bereits mit zwölf hatte mein Sohn insgesamt mehr als ein Jahr seines Lebens dort in unserem eigenen Lager verbracht. Zum Zelt kam ein Wohnwagen und später ein eigener Camper für echtes Vanlife – das nächste einschneidende Ereignis.

Mit Camper fiel das lästige Auf- und Abbauen weg. Ich hielt auf dem Platz und der Urlaub konnte losgehen. Nein, eigentlich beginnt ein Urlaub im Camper bereits zuhause. Schon das Einräumen macht Spaß, weil einfach jedes Ding seinen Platz hat und das meiste eh immer an Bord bleibt. Sonst war immer das Teil, was wir als Erstes brauchten, im Kofferraum ganz unten.

Die Fahrt ist ebenfalls viel entspannter. Wir wechselten von der hektischen Autobahn auf die Nebenstraßen, sparen uns seitdem nicht nur die Maut, sondern lernen so Ecken von Frankreich kennen, die in keinem Reiseführer stehen. Da mein Camper von extra außen schlicht ist, können wir zur Not selbst in Innenstädten übernachten, ohne aufzufallen. Oder besser noch an traumhaften Stellen an Meer, Klippe, See und Wald.

Vanlife bedeutet für Thilo auch Zeit mit der Familie
Seine Superkutschen sind familientauglich

Digital Nomad auf Probe – ich bin geflasht!

Noch war es jedoch nicht soweit, an einen Camper oder Vanlife dachte ich zunächst überhaupt nicht. 2015 aber probierte ich etwas aus. Bevor ich die Bezeichnung digital nomad kannte, wurde ich auf Probe zu genau so einem Nomaden. Ich fuhr mit dem Wohnwagen der Familie voraus, nahm das Laptop mit und vollendete in dieser Intensiv-Schreibzeit mit täglich neuen Eindrücken in wenigen Wochen eine Hand voll Bücher. Alle Projekte waren beendet und im folgenden Urlaub war mein Kopf wirklich frei.

Mehr und mehr formte sich in diesem freien Kopf eine Idee: Warum die Zeit auf Achse auf die Ferien begrenzen? Für meine Arbeit brauche ich nicht mehr als mein Laptop – aber jede Menge Input. Davon würde ich bei täglich wechselnden Standplätzen endlich ausreichend bekommen…

Jetzt begann ich über ein eigenes Wohnmobil nachzugrübeln, redete es mir aber mit den bekannten Argumenten aus: steht 48 Wochen im Jahr rum, im Alltag als Fahrzeug untauglich, braucht teuren Stellplatz und so weiter und so weiter.

Dabei war es eigentlich genau die Lösung für ein Problem, das mich schon seit Jahren beschäftigte.

Neben dem Schreiben meiner Bücher sind Lesungen in Schulen, Bibliotheken und Buchhandlungen mein zweites berufliches Standbein. Fünfzehn Jahre lang lernte ich die Hotels in beinahe jeder Stadt im deutschsprachigen Raum kennen. Das Frühstück ähnelte sich wie ein Käfigei dem anderen. Hatte ich meine Joggingsachen im Koffer, wohnte ich garantiert direkt neben dem Freibad.

Packte ich die Badehose ein, konnte ich vom Zimmer aus auf eine Traumstrecke zum Laufen sehen – immer hatte ich garantiert das Falsche dabei. Mit Büchern war es ähnlich. Woher soll ich Sonntag bei der Abfahrt wissen, was ich Donnerstag lesen will? Mit einem Wort: Ich war der beruflichen Reiserei auf diese Weise überdrüssig.

Irgendwann fand ich mich auf Verkaufsplattformen bei Wohnmobilen wieder. Doch die Fahrzeuge, die mir gefielen, waren alle über 30 Jahre alt, fuhren höchstens 90 oder brauchten 20 Liter. Für´s Reisen zweimal im Jahr vielleicht okay, aber ich wollte das Ding ja auch für die Arbeit nutzen. Pünktliches Ankommen bei Terminen ist da natürlich Grundvoraussetzung.

Die neueren Modelle hingegen waren verlässlich, aber ihr Look war mir zu steril. Außerdem wollte ich kein Bett, das ich bei Ankunft am Standplatz mit Kipp-Dreh-Klappmechanismus aus meinem Tisch basteln musste. Ich wollte den Kaffee wie bei unserem Wohnwagen im Stehen kochen und im Liegen trinken können – doch so etwas fand ich nicht in schön.

LesenVanFuessehoch
Thilo mit seiner Tochter – Bücher, Familie und Vanlife

Vanausbau, ein neues Universum

Zunächst war es nur ein Scherz – oder ein Wutausbruch? „Dann baue ich mir meinen Camper eben selbst!“, schnaubte ich und war erstaunt. Als Hausbesitzer mit vier Kindern war ich auch damals schon kein kompletter Handwerkstrottel. Ich hatte Wände eingerissen, den Keller gefliest, Waschbecken montiert, beinahe wöchentlich Wände in der neuen Lieblingsfarbe gestrichen und die Königsdiszilpin: einen Lattenrost von IKEA zusammengebaut, fast ohne fluchen. Aber einen Camper bauen? Aus einem nackten Transporter ein Zuhause machen, aus dem man am liebsten gar nicht mehr ausziehen möchte? Das kam mir doch ein klitzekleines bisschen größenwahnsinnig vor.

Mein nächste Satz „Ich google das mal“ eröffnete mir noch am gleichen Abend ein neue Welt, ach, ein ganz neues Universum. Ich war nicht alleine. Das, wovon ich träumte, machten Tausende von Menschen auf der ganzen Welt auch. Vanlife nannte sich das neuartige Phänomen und hatte viel mit Minimalismus als Gegenentwurf zur Überflussgesellschaft zu tun. Mit Downsizing, Konzentration auf das Wesentliche und einer besseren Work-Life-Balance durch niedrigere Fixkosten.

SK Maennerkueche
Outdoor-Abenteuer mit Essen am Feuer

„Thilo, du bist keine 25 mehr…“

Ich war platt. Die ganze Nacht hindurch zog ich mir Tutorials zum Ausbau rein und am Morgen stand der Plan. Ein halbes Buch hatte ich mit Zeichnungen und Berechnungen vollgekritzelt. Von da gab es kein Halten mehr, Zweifel sowieso nicht. Freunde, denen ich davon erzählte, schüttelten die Köpfe.

„Klar, von dieser Freiheit haben wir früher immer geträumt“, sagte Jörg. „Aber, Thilo, du bist keine 25 mehr“ – als könnte man nur bis 30 Neues ausprobieren. Viel Spaß, Jörg, beim Ausrechnen der Rente, ich fühlte mich für diese Idee absolut not too old.

Nachdem mein erster zehnjähriger Transporter auf halben Weg zum Van verreckte, entschied ich mich, den zweiten Anlauf mit einem Neuwagen zu machen. Luxus, ich weiß. Aber so ein Umbau ist nicht an drei freien Wochenenden gemacht und nicht alles lässt sich problemlos ausbauen und im nächsten Fahrzeug wiederverwenden.

Seitdem habe ich unzählige Stunden an meinem Van gebastelt und Dinge weiterentwickelt. Was nicht funktionierte, wurde ersetzt, verbessert oder komplett gestrichen. Und noch weit mehr Stunden habe ich in meinen Traumcamper verbracht. Ich stand an Stränden und Baggerseen, an Surfspots und der Donau mitten in Wien. Ich habe bei Messen direkt neben der Party-Location übernachtet und unter den Drei Zinnen in Südtirol. Vanlife at it’s best.

Doch eines war überall gleich. Kaum riss ich irgendwo die Schiebetür auf, steckten Passanten staunend ihre Köpfe herein und waren schockverliebt. Eine Idee pflanzte sich in meinen Kopf, zu groß für einen alleine. Ich schlug meinen Bruder vor, gemeinsam selbstausgebaute Campervans zu vermieten und verkaufen. Und seine Antwort? „Habe ich auch schon drüber nachgedacht!“

GaenseflugFeuer

Seit Frühjahr 2020 schippert unsere Flotte nun kreuz und quer durch Europa. Superkutschen ist die Camper-Vermietung für kreative Menschen, die auf Reisen beides wollen: Komfort und Abenteuer, genau wie ich. Bei Urlaub von der Stange kriegen sie Pickel. Unsere Vans sind Neuwagen, absolut autark und dazu traumhaft von Schreinerhand ausgebaut – soweit reichten meine eigenen Skills dann doch nicht.

Durch die Solarpanels auf dem Dach kannst du tagelang am einsamen Strand stehen oder von Campingplatz zu Campingplatz hoppen. An Bord ist dabei alles, was man für unvergessliche, absolut individuelle Reisen und eine große Portion Vanlife braucht. Nicht mehr und nicht weniger. Warum ich da sicher bin? Na, fang mit dem Artikel noch mal von vorne an…

Linktipps zu Thilos Vanlife

Superkutschen im Websuperkutschen.de
Superkutschen bei Instagram@superkutschen
Website von Thilothilos-gute-seite.de
Thilo bei Instagram@thilo-guter-autor

Alle Fotos von © Linda Ensslin

Thilo Petry-Lassak
Thilo Petry-Lassak
Thilo Petry-Lassak (Jg. 1970) aka THiLO ist ein erfolgreicher deutscher Kinderbuchautor. An über 200 Tagen des Jahres ist er beruflich unterwegs. So hat er das Vanlife in einem umgebauten Camper für sich entdeckt und daraus gleich noch ein Business als zweites Standbein entwickelt.

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein

Letzte Beiträge

NTO Podcast #49 mit Clemens Kaiser über Mental Health & House of Men

Über die mentale Gesundheit wird gerade von Männern immer noch recht wenig gesprochen, dabei sind die Zahlen dramatisch: Gut drei Viertel der 10.300 Suizide...

Schmerzfrei durch die dunkle Jahreszeit – Rückengesundheit für Couch-Potatoes

Wenn die Tage kürzer werden und das Wetter ungemütlicher, zieht es uns magisch zur Couch. Netflix statt Nordic Walking, Sofa statt Sport. Was zunächst...

Istrien entdecken – Entspannung, Action & Genuss im Norden von Kroatien

Die größte Halbinsel der Adria überzeugt besonders mit einer gelungenen Mischung aus mediterranem Flair, bezahlbarem Luxus und ausgezeichneter Infrastruktur. Anders als an vielen überlaufenen...

Die Kraft des Reisens – Wie Reisen das Altern verlangsamen können

Der Wunsch nach einem längeren und gesünderen Leben wird heute immer größer. Neue Forschungsergebnisse der Edith Cowan University (ECU) im australischen Perth zeigen, dass Reisen...

Krankmacher im Check: Erkältung, Männergrippe – oder doch Corona?

Es ist wieder soweit, wie immer zum Start der kalten und tristen Phase des Jahres: Die Nase läuft, der Hals kratzt und du fühlst...