„Runter kommen sie alle“ – Dieser abgedroschene Spruch gilt grundsätzlich auch für Menschen, die sich mit dem Mountainbike auf den Berg wagen. Unser Gesprächspartner Heinrich „Heini“ Kürzeder, Jahrgang 1959 und nebenberuflich Biketrainer bei der Bikeacademy St. Johann, erzählt, dass mit der Erfindung der E-Bikes das Hochfahren auf den Berg nicht mehr das Problem ist. Aber vor der Abfahrt haben alle Altersgruppen sehr großen Respekt. Daher bietet Heini einen Kurs „MTB Trail Einsteiger 50plus“, der die älteren Semester in Etappen an das Downhill-Abenteuer heranführt. Dazu und über noch mehr haben wir mit ihm gesprochen.
Auch kurz vor dem Ruhestand denkt Heini noch lange nicht ans Aufhören. Seine Unternehmensgruppe für die Vermittlung von Redner*innen, Moderator*innen und Trainer*innen hat er in gute Hände weitergegeben, er selbst kümmert sich als „Der Rednermacher“ mittlerweile nur noch um die Betreuung ausgewählter Keynote-Speaker, Promis und Führungskräften. In seiner Freizeit pendelt der Familienmensch dann zwischen Süddeutschland und Österreich, um so oft wie möglich in den Bergen zu sein und auf zwei Rädern Touren durch die wunderschöne Landschaft zu unternehmen. Verbunden mit Spaß, Abenteuer und Nervenkitzel, denn steile Abfahrten sind nichts für Anfänger.
Wir wollten wissen, was seine Gäste bei ihm lernen können, worauf es gerade beim Downhill ankommt und wie er auf die Idee gekommen ist, diesen Kurs insbesondere für die Generation 50plus anzubieten.
Hallo Heini, Du bist fast im rentenfähigen Alter, pendelst zwischen Deutschland und Österreich, hast beruflich mit großen Reden zu tun und schwingst dich privat gern aufs Rad. Was sollten wir noch von Dir wissen?
Danke Kai, (lacht) ich bezeichne mich gerne als Teilzeitrentner nach dem Verkauf meiner Agentur. Was kaum jemand bei einem 65-jährigen vermutet, ich bin ein Adrenalinjunkie, fahre gerne sportliche Autos, liebe Downhill- und Trailbiken und bin im Winter ziemlich schnell mit den Skiern unterwegs. Aber meine größte Leidenschaft und Liebe sind meine drei wunderbaren Enkelkinder. Der Gedanke an sie ist das, was mich bei meinen sportlichen Abenteuern immer wieder Geschwindigkeit herausnehmen lässt.
Beruflich habe ich eine Ausbildung als Werkzeugmacher absolviert, studierte Maschinenbau und bin seit 25 Jahren in der Rednerbranche erfolgreich. Nach dem Verkauf meiner Agentur 5 Sterne Redner unterstütze ich jetzt Vortragsredner und Rednerinnen im Marketing und bei der Steigerung ihres Bekanntheitsgrades. Ausführlichere Infos über mich findest du hier: Der Rednermacher.
Du warst und bist im Winter als Skilehrer im Einsatz und bietest im Sommer über die Bikeacademy spezielle Fahrradkurse zum Trailbiken für die Generation 50plus an. Wie hat sich denn der Schnee und das Urlaubsverhalten in den letzten Jahrzehnten verändert? Kann man eigentlich noch guten Gewissens auf die Skipiste?
Ja, kann man. Da ich sehr guten Kontakt zu Bergbahnbetreibern habe, weiß ich, dass in den Bergen extrem viel unternommen wird, um die Umwelt zu schützen. Manche Gegenden sind durch regelmäßige Pflege in einem besseren Zustand, als wenn sie den Naturgewalten überlassen werden. Generell kann man natürlich alles hinterfragen, aber ich denke, dass Menschen in unserem Alter das Recht auf Erholung, Entspannung und Spaß beim Sport haben. In den letzten Jahren beobachte ich, dass die Skisaison immer kürzer und die Bikesaison immer länger wird. Dies wird auch langfristig zu Veränderungen im Tourismus führen.
Deine Spezialdisziplin auf zwei Rädern ist das Bergab-Fahren. Es heißt doch „runter kommen sie alle“. Was ist denn das Besondere und Schwierige beim Downhill-Fahren?
Du wirst lachen, aber laut meiner Fitnessuhr verbrenne ich beim Bergab fahren viel mehr Kalorien, als beim Bergauf fahren. Das klingt vielleicht seltsam, aber beim Trailbiken stehst du immer auf dem Rad, hast viel Bewegung und Belastung in den Beinen und in den Armen und vor allen Dingen bist du mental stark angespannt. Deshalb ist ein großer Teil meines Fitnessprogramms auch Krafttraining für Oberkörper und Arme und natürlich auch Ausdauertraining für die Beine.
Du hast ein spezielles Angebot für Menschen über 50. Wer kommt da zu Dir? Eher erfahrene Biker oder auch echte Newbies?
In der Regel kommen Biker bzw. Bikerinnen zu mir, die die Natur lieben, gerne bergauf fahren und einigermaßen fit sind. Die meisten meiner Teilnehmer haben aber Angst, bergab zu fahren und vermiesen sich dadurch das Mittagessen auf der Hütte und die wunderbare Aussicht. Und genau da setzt mein Kurs an, ich bin ja mein Leben lang am liebsten nur schnell bergab gefahren, liebe schwierige Stellen und Trails und fahre auch hin und wieder in einem Bikepark Downhill.
Diese Leidenschaft für das Trailbiken gebe ich in meinen Kursen an Menschen die vor 1975 geboren sind weiter. Ziel meiner Kurse ist es, den Teilnehmern und Teilnehmerinnen Freude am bergab fahren zu vermitteln und ihnen zu zeigen, wie man sicher und gefahrlos schwierige Stellen, wie zum Beispiel Wurzeln, Steine, Schotter und ähnliches meistert und dabei jede Menge Spaß hat.
Manche meiner Teilnehmer haben erst seit wenigen Wochen ein (E-)Bike, manche fahren schon über 30 Jahre mit dem MTB. In meinem Kurs wollen aber meine Gäste besser und sicherer über schwierige Stellen runter fahren lernen.
Und manchmal kommen auch erlebnishungrige nach dem Motto: wann hast du zum letzten Mal etwas zum ersten Mal gemacht?
Welchen Eindruck hast du vom Fitnesslevel deiner Gäste? Machen sowas nur sehr trainierte Menschen mit? Und gibt es auch Leute, die du nicht unterrichten kannst?
Von der Fitness her habe ich alles dabei, von relativ untrainierten und (manchmal) auch übergewichtigen Teilnehmern, bis hin zu durchtrainierten Ausdauersportlern. Dadurch, dass die E-Bikes immer besser auf Trailbiken ausgelegt sind, können an meinem Kurs auch Menschen teilnehmen, deren Fitnesslevel nicht auf dem eines Profisportlers ist. Mit den meisten meinen Teilnehmer telefoniere ich vor dem Kurs und prüfe deren Fitnesslevel und spreche mit Ihnen über die bisherigen Erfahrungen auf dem Mountainbike, um den Kurs individuell anzupassen. Ein Ausschlusskriterium für den Kurs wäre nur ein körperliches Gebrechen, wie zum Beispiel ein mehrfacher Bandscheibenvorfall. Ansonsten kann jeder Mann und jede Frau an meinen Kursen teilnehmen.
Muss man sein Equipment mitbringen oder stellt ihr auch ein Rad und die Sicherheitsausrüstung? Welche Räder eignen sich für die Abfahrten?
Es gibt die Möglichkeit sehr gute Fahrräder und die notwendige Schutzausrüstung vor Ort auszuleihen. Das Nutzen auch viele meiner Teilnehmer. Zum einen um ihre Fahrräder nicht transportieren zu müssen und zum anderen, um vielleicht auch einmal ein anderes (besseres) Fahrrad ausprobieren zu können.
Grundsätzlich kann man den Kurs mit jedem MTB oder E MTB machen, allerdings ist eine gute (Stollen-) Bereifung sehr anzuraten. Mehr Spaß macht der Kurs natürlich mit einem Fully, also einem vorne und hinten gefedertem Bike.
Wie lange dauert der Anfängerkurs und wie teuer ist die Teilnahme? Gibt es auch Anschlusskurse, um weiter an der Technik zu feilen?
Der Anfängerkurs kostet aktuell 120.- Euro und dauert einen Tag, der Kurs teilt sich in zwei Teile: am Vormittag verbessern wir die Skills, wie zum Beispiel Bremsen auf Schotter, überfahren von Hindernissen und ähnlichen, auf einem großen Übungsplatz. Am Nachmittag geht es in die OD Trails, einem kleinen aber sehr feinen Bikepark, bei dem wir zum Aufstieg einen Lift nutzen. Infos und Termine dazu gibt es hier: https://bikeacademy.com/kurs-mtb-trail-einsteiger-50-plus/
Der Fortgeschrittenen Kurs wird individuell an die jeweiligen Teilnehmer angepasst. Ziel ist es, aufbauend auf dem Einsteigerkurs am Nachmittag des zweiten Tages, einen wunderschönen 3,5 km langen Singletrail zu befahren. Hier nutzen wir die Bergbahn am Harschbichl in Sankt Johann in Tirol zum Aufstieg.
Was lernt man beim Einsteigerkurs?
Das Wichtigste für mich ist, dass die Teilnehmer alle wieder gesund und wohlbehalten nach Hause fahren können, deshalb ist die oberste Prämisse, dass die Teilnehmer lernen, sich selbst und ihre Fähigkeiten einzuschätzen. Ziel ist es, mit viel Spaß und einem sicheren Gefühl, auch im schwierigeren Gelände, flott unterwegs zu sein. Dazu gehört die richtige Haltung auf dem Bike, die optimale Einstellung des Fahrrads, ein paar technische Grundlagen und natürlich üben, üben, üben.
Gerade bei der Abstimmung eines Mountainbikes wird selten auf die speziellen Belange unserer Generation eingegangen, deshalb kann man dadurch ein großes Plus an Sicherheit gewinnen.
Siehst du Unterschiede, bei den männlichen und weiblichen Teilnehmern? Kerle gelten ja zumindest im Auto als Gasfüße…
Ja, die Unterschiede sind gewaltig. Natürlich kann man das nicht pauschal sagen, aber generell machen sich die Frauen vielmehr Gedanken und sagen auch oft, dass sie Angst haben. Viele der Männer wollen beweisen, dass sie die harten Hunde sind. Die Frauen stellen viel mehr Fragen, die Männer probieren einfach aus.
Ich denke, es macht einen guten Bike Trainer aus, verschiedene Könnensstufen und Charaktere einzufangen und zum Erfolg zu führen. Hier hilft mir natürlich meine jahrelange Erfahrung in der Rednerbranche, ich weiß, wie man Menschen motiviert, begeistert und manchmal auch einbremst.
Wenn man Spaß am Downhill-Biken gefunden hat, findet man dann viele Strecken, die man auch allein fahren kann? Gibt es eine Übersicht der Downhill-Strecken und gibt es eine Skala mit Schwierigkeitslevel?
Ich glaube an der Stelle sollten wir ein bisschen differenzieren zwischen Downhillbiken und Trailbiken. Kaum jemand in unserem Alter kann es noch mit einem 22-jährigen Downhillbiker aufnehmen. Die meisten Menschen wollen auf einer Schotterpiste oder auf einem mittleren bis leichtem Trail sicher und gefahrlos bergab fahren.
Den Schwierigkeitsgrad von Trails wird auf einer Skala von S0 bis S6 angegeben. S0 ist eine leichte Schotterabfahrt, S6 ist eine extrem steile und verblockte Strecke, welche meist in Bikeparks zu finden ist.
In vielen Gebieten gibt es ausgeschilderte Trials, die meist auch für Fußgänger gesperrt sind. Hier hilft der Kontakt zu einer örtlichen Bikeschule oder einem Fremdenverkehrsamt sicherlich gut weiter. Diese Strecken bewegen sich meist bis zum Level S3, das sind Trails mit größeren Felsbrocken und Wurzelpassagen, häufig auf rutschigem Untergrund und Geröll. In der Regel sind die Teilnehmer meiner Kurse danach in der Lage, Trails bis S2/S3 zu fahren und einzuschätzen, wann es besser ist, das Fahrrad zu schieben.
Das Berghoch-Fahren ist wahrscheinlich seit der Erfindung der E-Bikes kein Problem mehr, oder?
Nun ja, auch hier gibt es ein paar Dinge zu beachten. Ich habe schon Unfälle beim Bergauf fahren gesehen, weil die Biker viel zu schnell unterwegs waren. Außerdem gilt es beim E-Bike, vor allen Dingen bei längeren Touren, auf das Akkumanagement zu achten.
Bis vor wenigen Jahren war ich ein absoluter E-Bike Gegner, weil die Bikes einfach nicht für das Trailbiken geeignet waren und ich immer am liebsten bergab gefahren bin. Dies hat sich grundlegend geändert. Aktuell fahre ich ein Focus Sam2 E-Bike und bin erstaunt, wie schnell und sicher ich damit bergab fahren kann. Dies liegt auch am niedrigen Schwerpunkt von E- Bikes und der immer besser werdenden technischen Ausstattung.
Hast du persönlich eine Tour, die du unbedingt nochmal mit dem Rad machen willst?
Ja, mein größter Traum ist es, noch einmal eine Alpenüberquerung zu machen mit meiner Frau, meinem Schwiegersohn und einem oder mehrerer unserer Kinder und Enkelkinder. Also eine Alpenüberquerung mit drei Generationen.
Lieber Heini, vielen lieben Dank für die interessanten Einblicke. Das hört sich wirklich spannend an. Dann fahre trotzdem weiter vorsichtig, die Knochen sollen ja heil bleiben…
Zur Einstimmung findet ihr hier ein tolles Video zu dem Kurs von Heini:
Und wer jetzt Lust drauf hat, auch mal bei Heini auf den Sattel zu steigen und das Trailbiken zu erlernen oder zu verfeinern, der findet ihn hier bei der Bikeacademy.