HomeLEBENPartnerschaftUmfrage: Langzeitsingles haben oft Hemmungen, bleiben aber entspannt

Umfrage: Langzeitsingles haben oft Hemmungen, bleiben aber entspannt

Die Liebe schlägt in Zeiten von Corona ganz besondere Kapriolen. Der Flirt am Arbeitsplatz entfällt für viele. Insofern fällt auch diese Möglichkeit flach, im Büro den Partner fürs Leben zu treffen. Damit wird Amor noch digitaler. Ein erstes Date im Videocall ist sicherlich aufregend, aber irgendwie auch schräg. Wie also ticken Langzeitsingles gegenüber denen, die erst seit Kurzem vom Partner getrennt sind? Die Dating-Plattform Gleichklang.de wollte es herausfinden und hat 789 Mitglieder* befragt, darunter 569 Frauen und 220 Männer im Alter von 18 bis 77. Der Durchschnitt lag bei 43 Jahren und somit dürften die Ergebnisse auch für Best Ager relevant sein. Wir fassen zusammen.

Ein Ergebnis nehmen wir gleich vorweg: Langzeitsingles leiden zwar häufiger unter Hemmungen und sexuellen Schwierigkeiten, sind aber auch häufiger zufrieden mit ihrer Partnerlosigkeit als Kurzzeitsingles. 

Fragen zur Partnerschaft

In der Umfrage wurden die Teilnehmer gebeten, den folgenden möglichen Gründen für ihre Partnerlosigkeit zuzustimmen oder diese abzulehnen. Die vierstufige Skala umfasste die Optionen nein, eher nein, eher ja und ja. Für die Auswertung wurden eher ja und ja als Zustimmung zusammengefasst:

  1. ist Zufall (Zufall)
  2. wurde betrogen (negative Vorgeschichte)
  3. Kandidaten waren mir zu langweilig (hohe Ansprüche)
  4. bin zu gehemmt (Hemmung)
  5. bin als Single glücklich (zufriedene Singles)
  6. es gibt genug zu tun (andere Prioritäten)
  7. entwickle keine Liebesgefühle (keine romantischen Gefühle)
  8. bin beruflich erfolglos (berufliche Erfolglosigkeit)
  9. habe sexuelle Schwierigkeiten (sexuelle Probleme)
  10. möchte unverbindlichen Sex (polygame Orientierung)
Was unterscheidet Langzeitsingles von Kurzzeitsingles?
© Jasmine Carter (Pexels)

Kurzzeit- und Langzeitsingles im Vergleich

Bei drei der 10 Aussagen zeigten sich sowohl bei Frauen als auch bei Männern statistisch signifikante höhere Zustimmungsraten bei Langzeitsingles als bei Kurzzeitsingles: 

  • 33,8 % der weiblichen und sogar 54,2 % der männlichen Langzeitsingles gaben an, gehemmt zu sein. Demgegenüber benannten lediglich 25,6 % der weiblichen und 35,0 % der männlichen Kurzzeitsingles Hemmungen als Grund für ihre Partnerlosigkeit. 
  • 59,5 % der weiblichen und 48,3 % der männlichen Langzeitsingles benannten als einen Grund für Ihre Partnerlosigkeit, als Single glücklich zu sein. Bei den Kurzzeitsingles stimmten dieser Aussage lediglich 44,1 % der befragten Frauen und 26,0 % der befragten Männer zu.
  • 13,6 % der weiblichen und 21,7 % der männlichen Langzeitsingles benannten als einen Grund für Ihre Partnerlosigkeit, dass sie sexuelle Schwierigkeiten hätten. Bei den Kurzzeitsingles fiel diese Zustimmungsrate mit 7,1 % bei den Frauen und 10 % bei den Männern bedeutend geringer aus.

Schließlich gab es einen weiteren Unterschied zwischen Langzeitsingles und Kurzzeitsingles, der aber nur bei Männern zu beobachten war:

  • 35,8 % der männlichen Langzeitsingles, aber nur 18,0 % der männlichen Kurzzeitsingles stimmten der Aussage zu „entwickle keine Liebesgefühle“.

Bei den Zustimmungsraten zu den anderen Aussagen zeigten sich sowohl bei Frauen als auch bei Männern keinerlei statistisch signifikante Unterschiede zwischen Langzeitsingles und Kurzzeitsingles. 

Psychologische Interpretation

Psychologe Dr. Guido F. Gebauer von Gleichklang.de weist darauf hin, dass die in dieser Untersuchung identifizierten Merkmale von Langzeitsingles sowohl Ursache als auch Folgen des langen Singledaseins sein könnten. Die Umfrage erlaube es nicht, zwischen diesen beiden Möglichkeiten zu unterscheiden. Aus psychologischer Sichtweise sei es aber wahrscheinlich, dass beide Erklärungen zuträfen und sich sogar wechselseitig verstärkten:

Hemmungen oder sexuelle Schwierigkeiten können demnach die Partnersuche erschweren und dadurch zu einer Verlängerung des Single-Daseins führen. Das fortbestehende Single-Dasein und der Status als Langzeit-Single könnten dann wiederum Hemmungen und sexuelle Schwierigkeiten sogar noch verstärken, was gleichzeitig zu einer weiteren Erschwernis der Partnersuche und damit zu einer Aufrechterhaltung des Single-Daseins führe. 

Ein ähnlicher Mechanismus sei auch bei der Zufriedenheit mit dem Single-Dasein zu vermuten:

Wer sehr zufrieden mit seinem Single-Dasein sei, lasse sich womöglich nicht ausreichend auf die Partnersuche ein, was zur Aufrechterhaltung des Single-Daseins führen könne. Je länger des Single-Dasein fortbestehe, desto mehr richteten sich aber Menschen in diesem Single-Dasein ein, was die Zufriedenheit weiter erhöhen könne, wodurch die Bereitschaft für Veränderung und Partnerschaft gleichzeitig weiter absinken. 

Bei einem Teil der Langzeitsingles spielten vorwiegend Hemmungen eine Rolle, die auch mit sexuellen Schwierigkeiten einhergehen könnten. Bei anderen Langzeitsingles sei es dagegen vorwiegend die Zufriedenheit mit dem Single-Dasein, welche zur Aufrechterhaltung der Partnerlosigkeit führe.  Hemmungen, sexuelle Schwierigkeiten und Zufriedenheit mit dem Single-Dasein könnten aber auch gleichzeitig auftreten und damit die Wahrscheinlichkeit für ein Fortbestehen der Partnerlosigkeit weiter erhöhen. 

Bei Männern, nicht aber bei Frauen, sei lange andauernde Partnerlosigkeit zusätzlich mit dem Zweifel an der eigenen Liebesfähigkeit verbunden. Die überhöhte Erwartung, dass eine Beziehung sofort mit großen Gefühlen beginnen müsse, könne dazu führen, dass andere Verlaufsformen, bei denen aus freundschaftlicher Sympathie Liebe entstehe, nicht zugelassen würden. 

Gerade im mittleren und höheren Alter begännen Beziehungen aber oft nicht mit sofortiger Verliebtheit, sondern mit Sympathie, die sich erst schrittweise zu Vertrautheit und Liebe vertiefe. Wer hierzu nicht bereit sei, bleibe deshalb häufiger partnerlos. Gleichzeitig könne aber auch wiederum die lange Partnerlosigkeit an sich zu Zweifeln an der eigenen Liebesfähigkeit führen und damit im Sinne eines Teufelskreislaufes die Partnersuche weiter erschweren.

Wie ticken Langzeitsingles und was können sie gegen die Einsamkeit unternehmen?
© Free-Photos (Pixabay)

Psychologische Empfehlungen

Gebauer rät Singles, die unter Hemmungen leiden, sich aktiv um die Überwindung dieses Problems zu bemühen. Nichts zu tun, führe meistens dazu, dass Hemmungen fortbestünden oder sich verschärften und dadurch auch die Partnerlosigkeit andauere. 

Kontakt aufnehmen, miteinander schreiben und sprechen könne gelernt werden. Das Online-Dating sei ein guter Übungsraum für Kommunikation und Selbstsicherheit. Wem dies allein nicht gelinge, der könne auf Kommunikations- und Flirtkurse zurückgreifen, die in Pandemie-Zeiten auch immer mehr Online angeboten werden. 

Bei sexuellen Schwierigkeiten helfe es, über die eigenen sexuellen Wünsche und Ängste zu reflektieren und hierüber offen mit dem Gegenüber zu besprechen. Viele sexuelle Probleme lösten sich durch einen offenen Umgang mit Sexualität und Befürchtungen in Luft auf. Bei Männern könne auch die Einnahme von Medikamenten zur Behandlung von Erektionsschwäche helfen. Seien die sexuellen Probleme aber tiefergreifend, könne eine psychotherapeutische Behandlung oder eine Sexualtherapie erforderlich sein.

Denjenigen, die an ihrer Liebesfähigkeit zweifeln, rät Gebauer, keine Schmetterlinge im Bauch zu erwarten. Vielmehr sollten sie sich auf den behutsamen und schrittweisen Aufbau von Vertrautheit und Nähe einlassen. 

Was tun, wenn ich als Single glücklich bin? 

Gebauer sieht für glückliche Singles zwei Möglichkeiten: 

  • das Single-Dasein positiv annehmen und die Partnersuche beenden oder aber sich des Wunsches nach Beziehung bewusstwerden und die Partnersuche intensivieren. 

Gebauer berichtet, dass für einige die positive Annahme des Single-Daseins regelrecht befreiend sein könne. Manche Singles befänden sich nur deshalb geradezu zwanghaft auf Partnersuche, weil sie ihre Partnerlosigkeit als nicht normal einschätzten. Der Vergleich mit längst verpartnerten Freunden, Bekannten und Arbeitskollegen führe zu einem normativen Druck, eine Partnerschaft finden zu müssen. Werde dieser Druck aber als Ausdruck einer Verzerrung erkannt, entfalle die Notwendigkeit zur Partnersuche und es trete eine Entlastung ein. 

Häufiger sei es jedoch, dass zufriedene Singles beim Nachdenken über ihre gegenwärtige Lebenssituation und ihre künftigen Ziele doch eine Sehnsucht nach Partnerschaft bei sich wahrnehmen, was ihnen helfe könne, Blockaden abzubauen, veränderungsbereiter zu werden und sich besser auf die Partnersuche einzulassen.

*Stichprobe
Von den befragten Frauen waren 238 Befragte (41,8 %) höchstens drei Jahre Single (Kurzzeitsingles), während 331 Frauen (58,2 %) länger als drei Jahre Single waren (Langzeitsingles). 
Bei den Männern waren 100 Befragte (45,4 %) höchstens drei Jahre Single, während 120 der Männer (55,5 %) länger als drei Jahren Single waren. 
Alle Befragten gaben an, in der Vorgeschichte mindestens eine Partnerschaft gehabt zu haben. 

Titelbild © Andrii Zastrozhnov (Shutterstock)

Kai Bösel
Kai Bösel
Kai Bösel (Jg. 1971) lebt als Patchwork-Papa mit der Familie in Hamburg. Neben NOT TOO OLD betreibt er auch das Väter-Magazin Daddylicious. Außerdem ist er Experte für Influencer-Marketing. Bisher hat er bereits fünf eigene Unternehmen gegründet, schreibt für diverse Print- und Online-Magazine, tritt als Speaker und Moderator auf und betreibt zu diesem Magazin auch einen Podcast. Nach Feierabend entspannt er beim Laufen oder Golf.

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