Ein Gastbeitrag von Wolfe W. Diener
In einer Zeit, in der die Vielfalt am Arbeitsplatz immer mehr in den Fokus rückt, bleibt eine essenzielle Dimension oft unberücksichtigt – die Altersdiversität. Während die Diskussion um Diversity viele Aspekte wie Geschlecht, Ethnizität und Kultur beleuchtet, werden ältere Arbeitnehmer häufig übersehen. Im WHO Weltreport 2015 über Altern und Gesundheit wird Altersdiskriminierung als kulturübergreifendes Phänomen hervorgehoben, das in manchen Fällen sogar verbreiteter als Rassismus und Sexismus sei. Statistisch gesehen hat bereits jeder fünfte Deutsche Diskriminierung aufgrund seines Alters erlebt.
Dieser Artikel hebt hervor, wie die Dynamik der allgemeinen Diversity-Bewegung oft nicht ausreicht, um Altersdiskriminierung im Berufsalltag zu überwinden. Ältere Mitarbeiter, mit ihrem reichen Erfahrungsschatz, werden nicht nur von der Diskussion über Vielfalt ausgeschlossen, sondern stoßen auch auf Vorurteile und Ausgrenzung. Es ist an der Zeit, den Fokus auf die oft vernachlässigte Gruppe der erfahrenen Arbeitnehmer:innen zu lenken und zu erkennen, dass wahre Vielfalt alle Generationen einschließen sollte.
Probleme im sozialen und wirtschaftlichen Kontext Deutschlands
Eine 2022 veröffentlichte Studie der Antidiskriminierungsstelle des Bundes zur Altersdiskriminierung bringt einen alarmierenden Trend ans Licht, der das Arbeitsleben älterer Generationen maßgeblich beeinflusst. Rund ein Drittel der Befragten sind der Meinung, ältere Menschen sollten wichtige berufliche und gesellschaftliche Rollen aufgeben, um Platz für die jüngere Generation zu machen. Mehr als die Hälfte befürwortet eine Altersgrenze für politische Ämter, und ebenso viele sind der Ansicht, dass ältere Menschen nicht entscheidend zum gesellschaftlichen Fortschritt beitragen.
Besorgniserregend ist, dass 40 Prozent der Befragten glauben, dass ältere Menschen die jüngere Generation bei der Bewältigung des Klimawandels im Stich lassen. Zudem überschätzen 74 Prozent deutlich den Anteil der Menschen über 70 Jahre in der Bevölkerung, was auf eine verzerrte Wahrnehmung hindeutet. Diese Ergebnisse legen nahe, dass Vorurteile und falsche Einschätzungen eine Rolle in der öffentlichen Meinung über ältere Menschen spielen. Noch ein Grund für mehr Altersdiversität auf dem Arbeitsmarkt.
Denn diese Diskriminierung hat nicht nur persönliche Auswirkungen auf die Betroffenen. Sie trägt auch dazu bei, dass erfahrene Fachkräfte ihre Potenziale nicht voll ausschöpfen können, was wiederum negative Auswirkungen auf die Unternehmen und die Gesellschaft insgesamt hat. Gerade in einer Zeit, in der Deutschland vor einer ernsthaften Herausforderung in Bezug auf den Fachkräftemangel steht, wird deutlich, dass die Ausgrenzung älterer Arbeitnehmer nicht nur ethisch bedenklich, sondern auch wirtschaftlich unklug ist.
Das statistische Bundesamt warnt vor einem massiven Arbeitskräftemangel bis 2035. Die Zahlen sind besorgniserregend – bis dahin sinkt die Zahl der Erwerbstätigen voraussichtlich um 4 bis 6 Millionen, da geburtenstarke Jahrgänge in den Ruhestand gehen. Hinzu kommt, dass immer mehr Kandidaten wählerischer bei der Jobauswahl werden und so – laut einer Umfrage der Strategieberatung McKinsey – Personaler große Schwierigkeiten haben, Stellen zu besetzen. Im Durchschnitt werden nur weniger als zwei Drittel der angebotenen Stellen akzeptiert.
Die alternde Bevölkerung bietet eine wertvolle Ressource für den Arbeitsmarkt. Erfahrung, tiefgehendes Fachwissen und die Fähigkeit, mit unterschiedlichen Situationen umzugehen, sind Qualitäten, die ältere Arbeitnehmer mitbringen. Wenn diese Potenziale ungenutzt bleiben, wird die Fachkräftelücke weiterwachsen und Unternehmen werden Schwierigkeiten haben, die benötigte Expertise zu finden.
In diesem Kontext wird deutlich, dass die Förderung von Altersdiversität nicht nur eine soziale Verpflichtung, sondern auch eine strategische Notwendigkeit ist. Unternehmen, die dies erkennen, haben die Chance, nicht nur die Diskriminierung älterer Mitarbeiter zu überwinden, sondern auch von ihrer wertvollen Expertise und ihrem Engagement zu profitieren. Wir riskieren hier sonst eine Potenzialvergeudung, wenn nicht reagiert wird.
Dieses gesellschaftliche Problem trifft aber glücklicherweise nicht nur auf taube Ohren und so hat auch Wolfe W. Diener der Altersdiskriminierung und dem Fachkräftemangel den Kampf angesagt. Gemeinsam mit seinem Unternehmen AtWize arbeitet er intensiv daran, diese Probleme von Unternehmen (Fachkräftemangel) und die älterer Arbeitnehmer (Altersdiskriminierung) zu lösen. AtWize fungiert, durch eine Online-Plattform, als Vermittler zwischen Senior Experts und Unternehmen und bietet somit der Zielgruppe Ü50 einen Zugang zu einem flexiblen Arbeitsmarkt, sowie Unternehmen einen Pool an erfahrenen Fachkräften. Das Ziel? Eine Arbeitswelt, in der alle, die weiterarbeiten möchten, auch die Möglichkeit und Mittel dazu haben, um einen Mehrwert für den Arbeitnehmer und Arbeitgeber zu schaffen. Der volkswirtschaftliche Mehrgewinn liegt auf der Hand, wenn hierdurch der Fachkräftemangel reduziert wird.
Strategien und Maßnahmen zur Förderung von Altersdiversität
Wie können Unternehmen aktiv dazu beitragen, Altersdiversität zu fördern und gleichzeitig den Fachkräftemangel anzugehen? Hier sind einige kraftvolle Ideen, die nicht nur für die Mitarbeiter, sondern auch für die Unternehmen selbst von Vorteil sind.
Inklusion ist das Stichwort. Unternehmen können eine Atmosphäre schaffen, in der sich alle, unabhängig von ihrem Alter, respektiert und wertgeschätzt fühlen. Dies beginnt mit Schulungen für Mitarbeiter und Führungskräfte, um Vorurteile abzubauen und das Bewusstsein für die Vielfalt der Erfahrungen zu schärfen. Laut einer Studie von 55/Redfined in Großbritannien sind aber lediglich 35 Prozent der Unternehmen dazu bereit, technische Schulungen zu ermöglichen und Angehörige einer bestimmten Altersgruppe in einem Bereich oder einer Funktion einzustellen.
Strategien zur Förderung von Altersdiversität könnten auch gezielte Einstellungspraktiken umfassen, die darauf abzielen, eine ausgewogene Mischung aus Erfahrung und frischem Denken zu gewährleisten. Dies kann durch flexible Arbeitszeitmodelle, Mentoring-Programme oder die Schaffung von intergenerationalen Teams erreicht werden.
Beispiele erfolgreicher Programme von Unternehmen können als Inspiration dienen. Unternehmen, die bereits aktiv Altersdiversität fördern, zeigen, dass dies nicht nur moralisch richtig, sondern auch geschäftlich klug ist. Vorreiter hierbei sind beispielsweise BMW und Bosch, welche beide eigene Programme anbieten, um mit ausscheidenden Mitarbeitern in Kontakt zu bleiben und diese weiterhin einzusetzen. Unternehmen haben zahlreiche Möglichkeiten, von der Anpassung ihrer Arbeitsstrukturen bis zur Implementierung von Weiterbildungsprogrammen, die speziell auf ältere Mitarbeiter zugeschnitten sind. Diese Schritte eröffnen Wege, um von der reichen Erfahrung älterer Mitarbeiter zu profitieren und sich erfolgreich im Markt zu positionieren.
Ein weiteres Positivbeispiel kommt aus Japan: Hier wurde 2021 die mutige Entscheidung getroffen, Anreize zu schaffen, um Menschen bis zum Alter von 70 Jahren am Arbeitsplatz zu halten. Überraschenderweise wurde diese Maßnahme von der Bevölkerung weitgehend akzeptiert, da Japan eine rapide alternde Gesellschaft ist und die gesunden Lebensjahre zunehmen. Die Idee dahinter ist einfach: Wer länger gesund und fit ist, sollte auch länger arbeiten können, um dem demografischen Wandel zu begegnen und die Wirtschaft zu stärken.
Diese längere Erwerbstätigkeit hat zudem positive Auswirkungen auf die Gesundheit. Japanische Senioren sind statistisch gesehen gesünder als ihre Altersgenossen in Europa. Arbeit fördert nicht nur das Einkommen, sondern auch die physische und psychische Gesundheit im Alter. Diese Kombination aus demografischem Wandel, wirtschaftlicher Überlegung und gesundheitlichem Wohlstand macht Japans Ansatz zum längeren Arbeiten im Alter zu einer inspirierenden Lösung, die in anderen Ländern mit ähnlichen Herausforderungen Beachtung finden sollte.
Zukunftsaussichten und kommende Entwicklungen
Der Blick in die Zukunft zeigt, dass die Förderung von Altersdiversität nicht nur ein soziales Anliegen ist, sondern auch klare Vorteile für Unternehmen birgt. Die Expertise und das Engagement erfahrener Mitarbeiter steigern nicht nur das Betriebsklima, sondern stärken auch die Kontinuität in Unternehmen.
Von einer altersdiversen Belegschaft profitieren nicht nur ältere Mitarbeiter, sondern das gesamte Unternehmen. Ein inklusives Umfeld fördert die Kreativität, da unterschiedliche Perspektiven aufeinandertreffen. Es ist ein Gewinn für die Unternehmenskultur und ermöglicht es, den sich ändernden Anforderungen des Marktes mit einem breiteren Spektrum an Fähigkeiten und Erfahrungen zu begegnen.
Abschließend ist es an der Zeit, dass Unternehmen ihre Türen für alle Altersgruppen öffnen und die positiven Auswirkungen von Altersdiversität erkennen. Ein Aufruf zur aktiven Förderung dieses Ansatzes ist nicht nur ein Schritt in Richtung sozialer Gerechtigkeit, sondern auch ein strategischer Schachzug für eine nachhaltige und florierende Zukunft in der Arbeitswelt. Hier kann AtWize beide Seiten, Senior Experts und Unternehmen, unterstützen.
Titelbild © Kantver (depositphotos.com)
Ich verstehe die Debatte ehrlich gesagt überhaupt nicht. Wer fit genug ist und Lust darauf hat, der sollte arbeiten dürfen, bis er umfällt, egal wie alt er/sie ist. Eine Voraussetzung ist natürlich auch die Bereitschaft, sich trotz des Alters noch weiterentwickeln und fortbilden zu wollen und zu können. Ich leite eine kleine Agentur mit rund 10 Mitarbeitern und bei mir wird keiner aufs Abstellgleis geschoben, so lange er Bock auf die Arbeit hat, motiviert ist und neugierig bleibt. Man muss natürlich schauen, wie weit die Akzeptanz auf Kundenseite geht. Wenn ich irgendwann einmal einen 70 jährigen Berater zu einem Kunden schicke, wo ein 28 jähriger Projektleiter sitzt, dann könnte das evtl. zu Akzeptanzproblemen führen, weil der Junge denkt: „was will der Greis mir denn erzählen?!“. Das sind dann natürlich dann alles Einzelfallbetrachtungen. Es soll ja sogar Ü70 Menschen geben, die ganze Länder regieren. 😉