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Vater-Kind-Beziehung 2.0 – Was sich mit erwachsenen Kindern ändert

Die Zeit rennt mit dem Älterwerden immer schneller. Gerade ist man in den wilden Jahren selbst noch um die Häuser gezogen, schon ist der eigene Nachwuchs plötzlich volljährig. Als Vater eines erwachsenen Kindes stehst du vor einer besonderen Herausforderung, denn die Beziehung, die du jahrelang gepflegt hast, verändert sich grundlegend. Deine Kinder sind nun selbstständige Erwachsene mit eigenen Leben, Ansichten und Entscheidungen. In dieser neuen Phase gilt es, die Verbindung zu deinen Kindern neu zu definieren und zu stärken.

Die Art und Weise, wie du mit deinen Kindern nun auf Augenhöhe im Austausch bist, ist natürlich von der Zeit ab der Geburt geprägt. In unserem zweiten Magazin Daddylicious beschreiben wir schon seit 2013, wie sich Väter engagieren und eine intensive Bindung zu ihren Kindern aufbauen können. Hier geht es jetzt um das nächste Level, die Verbindung zu einem erwachsenen Kind.

Von der Autorität zum Berater: Die sich wandelnde Vaterrolle

Der erste Schritt zu einer gelungenen Beziehung mit deinen erwachsenen Kindern ist das Loslassen der traditionellen Vaterrolle. Statt als Autoritätsfigur aufzutreten, entwickelst du dich zum Berater und Freund. Das bedeutet, deinen Kindern auf Augenhöhe zu begegnen und ihre Eigenständigkeit zu respektieren. Du kannst weiter als Tippgeber fungieren, solltest die Erwartungen aber runterschrauben und dem Nachwuchs mehr Freiraum bei Entscheidungen lassen. Auch, wenn du dir vielleicht andere Dinge oder Verhaltensweisen gewünscht hättest.

Unser Leser Thomas (55) hat diesen Wandel mit seiner Tochter Sarah (23) erfolgreich vollzogen: „Früher habe ich Sarah oft gesagt, was sie tun soll. Heute frage ich sie, was sie denkt und wie ich sie unterstützen kann. Unsere Beziehung ist dadurch viel entspannter und tiefer geworden.“

Die Vorbildfunktion für eure Kinder behaltet ihr auch nach dem Erwachsenwerden, wenn vielleicht auch nicht mehr ganz so bewusst. Wenn ihr selbst glücklich seid, eure Zeit sinnvoll nutzt und in der Beziehung alles passt, dann nehmen das auch eure volljährigen Kinder wahr.

Mit dem Erwachsenwerden der Kinder verändert sich die Rolle als Vater
© HayDmitriy (depositphotos.com)

Kommunikation auf Augenhöhe: Tipps für bessere Gespräche

Eine offene und respektvolle Kommunikation ist der Schlüssel zu einer starken Vater-Kind-Beziehung. Hier findest du einige Tipps, wie du die Gespräche mit deinen erwachsenen Kindern verbessern kannst:

  1. Praktiziere aktives Zuhören: Höre aufmerksam zu, ohne zu unterbrechen oder sofort Lösungen anzubieten.
  2. Stelle offene Fragen: Ermuntere deine Kinder, mehr zu erzählen, indem du Fragen stellst, die nicht mit Ja oder Nein beantwortet werden können.
  3. Vermeide Urteile: Akzeptiere die Ansichten und Entscheidungen deiner Kinder, auch wenn sie von deinen abweichen.
  4. Zeige Authentizität und Verletzlichkeit: Teile auch deine eigenen Unsicherheiten und Fehler. Das macht dich menschlich und nahbar.

Probiere folgende Übung aus: Plane ein „Vater-Kind-Gespräch“ ein, bei dem du dich bewusst zurückhältst und deinem Kind den Gesprächsverlauf überlässt. Du wirst überrascht sein, wie viel du dabei über dein Kind lernen kannst. Es kann natürlich sein, dass dein Kind gewohnt ist, dir das Reden zu überlassen. Es ist ein Prozess, die Kommunikation auf ein neues Level zu bringen.

Gemeinsame Interessen finden: Neue Wege der Bindung

Um die Beziehung zu deinen erwachsenen Kindern zu vertiefen, ist es wichtig, gemeinsame Interessen zu entdecken oder zu entwickeln. Hier sind einige Vorschläge:

  • Erkundige dich nach den aktuellen Leidenschaften Deiner Kinder und zeige echtes Interesse daran.
  • Teile deine eigenen Hobbys und lade deine Kinder ein, daran teilzuhaben.
  • Suche nach Aktivitäten, die ihr gemeinsam neu entdecken könnt.
  • Plane generationenübergreifende Projekte, wie etwa die Erstellung eines Familienkochbuchs oder die Organisation einer Familien-Charity-Aktion.
  • Es spricht auch nichts dagegen, als Vater nur mit seinem Kind oder auch der ganzen Familie inklusive erwachsener Kinder auf Reisen zu gehen.
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© Ty Downs (Unsplash)

Grenzen respektieren: Wie viel Einmischung ist angemessen?

Eine der größten Herausforderungen für Väter erwachsener Kinder ist es, die richtige Balance zwischen Anteilnahme und Einmischung zu finden. Steffen (58) erzählt uns von seinen Erfahrungen: „Ich musste erst lernen, dass mein Sohn (29) meine gut gemeinten Ratschläge oft als Bevormundung empfand. Jetzt warte ich, bis er mich um Rat fragt – und unsere Beziehung hat sich dadurch enorm verbessert.“

Beachte folgende Punkte, um die Grenzen deiner erwachsenen Kinder zu respektieren:

  • Erkenne Anzeichen von übermäßiger Einmischung, wie häufige ungebetene Ratschläge oder Kritik an Lebensentscheidungen.
  • Gib Ratschläge nur, wenn du explizit darum gebeten wirst.
  • Respektiere die Privatsphäre deiner Kinder und akzeptiere, dass du nicht alles wissen musst.
  • Unterstütze die Entscheidungen deiner Kinder, auch wenn du anderer Meinung bist.

Konflikte lösen: Strategien für ein harmonisches Miteinander

Konflikte sind in jeder Beziehung normal – auch zwischen Vätern und erwachsenen Kindern. Der Umgang mit diesen Konflikten entscheidet jedoch über die Qualität eurer Beziehung. Hier einige Strategien zur Konfliktlösung:

  1. Identifiziere häufige Konfliktquellen: Oft sind es wiederkehrende Themen, die zu Spannungen führen. Erkenne diese Muster und arbeite bewusst daran.
  2. Nutze Techniken zur Deeskalation: Atme tief durch, bevor Du reagierst. Verwende „Ich-Botschaften“ statt Vorwürfe und konzentriere dich auf das aktuelle Problem, nicht auf vergangene Konflikte.
  3. Lerne die Kunst der Entschuldigung und Vergebung: Ein aufrichtiges „Es tut mir leid“ kann Wunder wirken. Sei auch bereit zu vergeben, wenn dein Kind einen Fehler eingesteht.
  4. Erwäge professionelle Hilfe: Bei tiefgreifenden oder lang anhaltenden Konflikten kann eine Familientherapie sehr hilfreich sein.

Vielleicht trägt euer Kind auch ein größeres Paket mit sich herum, weil es mit der eigenen Kindheit hadert. Bleibt hier kritikfähig, wenn es um euch als Vater geht. Es gibt keine Blaupause für die perfekte Vaterrolle, daher haben vielleicht auch eure Kinder eine andere Vorstellung davon als ihr selbst.

Die Großvaterrolle: Wie du deine erwachsenen Kinder als Eltern unterstützt

Wenn deine Kinder selbst Eltern werden, eröffnet sich eine neue Dimension in eurer Beziehung. Als Großvater kannst du eine wichtige unterstützende Rolle einnehmen, ohne zu bevormunden. Eine Familientherapeutin rät: „Großväter sollten sich als Ressource anbieten, nicht als Autorität. Unterstützen Sie Ihre Kinder in ihrer Elternrolle, indem Sie zuhören, ermutigen und nur dann Rat geben, wenn Sie darum gebeten werden.“

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© Juliia Abramova (Unsplash)

Hier einige Tipps, wie du deine Rolle als Großvater gestalten kannst:

  • Biete praktische Hilfe an, ohne dich aufzudrängen.
  • Teile deine Erfahrungen als Vater, aber akzeptiere, dass deine Kinder ihren eigenen Weg als Eltern finden müssen.
  • Genieße die Zeit mit deinen Enkelkindern und baue eine eigenständige Beziehung zu ihnen auf.
  • Sei ein Vermittler zwischen den Generationen und teile Familiengeschichten und -traditionen.

Digitale Verbindung: Technologie als Brücke zwischen den Generationen

In der heutigen digitalisierten Welt bietet Technologie großartige Möglichkeiten, um mit deinen erwachsenen Kindern in Kontakt zu bleiben, besonders wenn ihr räumlich getrennt seid. Hier einige Anregungen:

  1. Nutze soziale Medien sinnvoll: Folge deinen Kindern auf Plattformen wie Instagram oder Facebook, aber respektiere ihre Privatsphäre. Like und kommentiere gelegentlich, aber übertreibe es nicht.
  2. Plane regelmäßige Videoanrufe: Vereinbare feste Zeiten für Videochats, um qualitative Zeit miteinander zu verbringen, auch wenn ihr euch nicht persönlich treffen könnt.
  3. Wenn du technisch weniger versiert bist, bitte deine Kinder um Hilfe. Das kann eine großartige Gelegenheit sein, die Rollen zu tauschen und voneinander zu lernen.

Fazit: Eine neue Ära der Vater-Kind-Beziehung

Die Beziehung zu deinen erwachsenen Kindern zu pflegen, erfordert Geduld, Einfühlungsvermögen und die Bereitschaft zur Veränderung. Indem du deine Rolle neu definierst, offen kommunizierst, Grenzen respektierst und gemeinsame Interessen findest, kannst du eine tiefe und erfüllende Verbindung zu deinen erwachsenen Kindern aufbauen.

Denk daran: Es ist ein fortlaufender Prozess, der Zeit und Engagement erfordert. Aber die Belohnung – eine reife, gleichberechtigte und liebevolle Beziehung zu deinen Kindern – ist jede Anstrengung wert. Beginne noch heute damit, deine Vater-Kind-Beziehung neu zu gestalten. Die Zukunft hält wunderbare Möglichkeiten für dich und deine erwachsenen Kinder bereit.

Kai Bösel
Kai Bösel
Kai Bösel (Jg. 1971) lebt als Patchwork-Papa mit der Familie in Hamburg. Neben NOT TOO OLD betreibt er auch das Väter-Magazin Daddylicious. Außerdem ist er Experte für Influencer-Marketing. Bisher hat er bereits fünf eigene Unternehmen gegründet, schreibt für diverse Print- und Online-Magazine, tritt als Speaker und Moderator auf und betreibt zu diesem Magazin auch einen Podcast. Nach Feierabend entspannt er beim Laufen oder Golf.

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