Ein kräftiger Rücken ist nicht nur ein Symbol für Stärke, sondern auch ein zentraler Bestandteil unserer Gesundheit und Lebensqualität. Doch gerade in einer Zeit, in der wir immer mehr Stunden im Sitzen verbringen und uns oft einseitigen Belastungen aussetzen, leiden viele Menschen unter gesundheitlichen Einschränkungen. Am 15. März soll durch den „Tag der Rückengesundheit“ das Bewusstsein für die Bedeutung eines starken und gesunden Rückens geschärft werden. In diesem Jahr geht es insbesondere um den Zusammenhang eines starken Rückens und der Psyche.
Rückengesundheit hat grundsätzlich erstmal recht viel mit Balance zu tun, denn Körper, Geist und Seele sollten im Einklang sein. Wer auf eine gesunde und gerade Körperhaltung achtet, der tut damit aber nicht nur seiner Rückseite einen Gefallen, sondern liefert damit auch einen Beitrag für die seelische Gesundheit. Auch im letzten Jahr haben wir bereits zum Tag der Rückengesundheit berichtet.
„Unsere Analysen haben ergeben, dass sich eine zusammengesunkene Körperhaltung auch negativ auf die Psyche auswirken kann“
Johannes Michalak (Professor für Klinische Psychologie und Psychotherapie an der Universität Witten/Herdecke)
Professor Michalak hat mit seinem Team jahrelang intensiv den Zusammenhang von Psyche und Haltung untersucht. Zum Aktionstag macht er gemeinsam mit anderen renommierten Expertinnen und Experten auf wirksame Vorsorge- und Behandlungsmöglichkeiten von Rückenschmerzen aufmerksam. Veranstalter sind die Aktion Gesunder Rücken (AGR) e. V. und der Bundesverband deutscher Rückenschulen (BdR) e. V.
Mach Dich gerade – Körperhaltung und Psyche
Es gibt eine Vielzahl an Redewendungen, die mit dem Rücken und der Körperhaltung zu tun haben: „Eine Menge schultern müssen“, „buckeln“ oder auch „die Last auf den Schultern tragen“. Mittlerweile hat die Forschung bestätigt, was wir alle schon lange geahnt haben: Eine ungünstige und schlechte Körperhaltung und eine niedergedrückte Psyche hängen eng zusammen. Das konnte Prof. Johannes Michalak von der Uni Witten/Herdecke in Zusammenarbeit mit Forschenden der Universität Aarhus in Dänemark in einer Meta-Analyse bestätigen. Menschen mit einer zusammengesunkenen, gekrümmten Körperhaltung sind grundsätzlich negativer gestimmt.
In einer Meta-Analyse wurden gut 70 Studien aus den Themenbereichen Psyche, Körperhaltung und Bewegung berücksichtigt und verarbeitet. Darüber hinaus führte der Professor zusammen mit seinem Team eigene Studien durch, um die Auswirkungen von Körperhaltung und Bewegung auf depressive Patienten zu ermitteln. Eine der überraschenden Erkenntnisse aus dieser Studie: Menschen mit einer ungünstigen Haltung und einem gebeugten Gang behielten vermehrt negative Dinge im Gedächtnis.
„Sie erinnerten sich zum Beispiel an mehr negative Wörter als Menschen, die aufrecht gegangen sind“, sagt Michalak. Für die Untersuchen kam unter anderem ein Laufband zum Einsatz, doch auch beim Sitzen steigerte ein gerader, aufrechter Rücken die Tendenz, sich an positive Wörter zu erinnern.
Gekrümmte Körperhaltung – schlechte Laune?
Gibt diese Erkenntnis Grund zur Hoffnung für Betroffene? Dazu müsste zuerst einmal geklärt werden, was zuerst da war, die Körperhaltung oder die depressive Stimmungslage. Eine klassische Henne-Ei-Frage, die der Professor so beantwortet: „Unsere Studien weisen in die Richtung, dass eine zusammengesunkene Körperhaltung nicht nur Folge einer Depression ist, sondern dass auch umgekehrt eine negative Stimmungslage durch eine zusammengesunkene Körperhaltung verstärkt werden kann. Wir konnten zudem zeigen, dass eine Faszienübung bei depressiven Patienten dazu geführt hat, dass sie sich mehr an positive Dinge erinnerten“, sagt Professor Michalak.
Somit scheint der Zusammenhang zwischen Psyche und Körperhaltung bestätigt. Ein gerader Rücken und eine aufrechte Haltung ist hilfreich für die körperliche und mentale Gesundheit und lohnt sich für Körper und Seele.
Rückenschmerzen bio-psycho-sozial betrachten
Anders als „Nase hoch“ ist das Credo „Kopf hoch“ somit kein Anzeichen für Arroganz, sondern das Rezept für eine gute Haltung, denn wer erhobenen Hauptes und mit starkem Rücken durchs Leben geht, fördert wahrscheinlich auch seine seelische Gesundheit. „Der Mensch ist eine Einheit aus Körper, Geist und Seele. Rückenschmerzen können daher nicht isoliert betrachtet werden, sondern immer nur im Zusammenhang mit einem Gesamtbild des Gesundheitszustandes – auch der Psyche“, betont Prof. Michalak.
Wer sich für das Thema interessiert und mehr Infos sucht, der kann rund um den Aktionstag der Rückengesundheit an bundesweiten Vor-Ort- und Online-Veranstaltungen teilnehmen. Praxen, Vereine und Fitnessstudios öffnen ihre Türen mit speziellen Gesundheitsangeboten. Das Motto in diesem Jahr lautet „Dein Kompass zur Rückengesundheit“ und bietet eine Hilfestellung auf dem individuellen Weg zu einem gesunden Rücken. Im Mittelpunkt stehen zehn wissenschaftlich fundierte Empfehlungen – der Tipp zur aufrechten Haltung ist nur einer davon. Eine Übersicht gibt es zusammen mit einem kostenlosen Booklet, Experteninterviews in Form von Podcasts und einem Veranstaltungskalender auf www.agr-ev.de/tdr.
Praxistipp: So stehst du aufrecht und stark für Rücken und Psyche
- Ausschlaggebend für die Haltung ist unter anderem das Becken. Es bildet die Basis der Wirbelsäule und sollte sowohl stabil als auch mobil sein.
- Für einen aufrechten Oberkörper hebe dein Brustbein stolz an, ziehe deinen Hinterkopf am gedachten „Goldenen Faden“ nach oben. Es entsteht ein „kleines Doppelkinn“.
- Ein Soforteffekt ist gleich spürbar, wir fühlen uns wacher und positiver.