HomeKÖRPERGesundheitAlarmierende Zahlen: Depressionen bei Männern erreichen neuen Höchststand

Alarmierende Zahlen: Depressionen bei Männern erreichen neuen Höchststand

Männer und ihre Gesundheit, das ist ein ganz besonderes Thema. Während zum Beispiel Sportverletzungen oder die „lebensbedrohlichen“ Männergrippen inzwischen sehr ernst genommen werden, sind andere Krankheiten immer noch viel zu wenig diskutiert. Die gesamte Vorsorge gehört dazu. Aber auch die psychische Gesundheit mit unsichtbaren Erkrankungen wie Depressionen, Angst- und Persönlichkeitsstörungen. Diese Krankheiten müssen in den Fokus gerückt werden, denn der Anteil der Männer, die aufgrund seelischer Erkrankungen krankgeschrieben werden, hat im ersten Halbjahr 2024 einen neuen Rekord erreicht.

Die aktuellen Daten liefert eine Umfrage im Auftrag der KKH Kaufmännische Krankenkasse, die vom Meinungsforschungsinstitut forsa sowohl im November 2019 als auch im Januar 2024 deutschlandweit rund 1.000 Personen im Alter von 18 bis 65 Jahren mit Kindern unter 18 Jahren repräsentativ befragt hat.

Die harten Fakten

In den ersten sechs Monaten dieses Jahres 2024 entfielen 388 Fehltage auf 100 Berufstätige wegen psychischer Probleme. Besonders alarmierend: Mehr als ein Drittel (35,5 %) dieser Ausfälle gehen auf das Konto von uns Männern. Zum Vergleich: 2019, vor der Corona-Pandemie, waren es noch 32,4 %. Der Anstieg bei Depressionen ist besonders drastisch, dieser Wert stiegt von 32,7 % im Jahr 2019 auf 39,2 % in der diesjährigen Umfrage. Stephanie Engelmann, Vorständin der KKH, erklärt dazu:

„Unsere Daten zeigen, dass Männer zunehmend belastet sind, mittlerweile aber auch offener als noch vor ein paar Jahren über psychische Probleme sprechen können und sich professionelle Hilfe suchen. Auch das führt zu vermehrten Diagnosen und Krankschreibungen“

Bleiben psychische Erkrankungen wie Depressionen unbehandelt, kann dies schwere Beeinträchtigungen auf das seelische und psychische Wohlbefinden haben.

Berufliche Fehltage durch Depressionen nehmen bei Männern zu.
© Ümit Bulut (Unsplash)

Mentale Gesundheit bei Männern in Zahlen

Laut diverser Forschungsberichte sind etwa 5,1 % der Männer in Deutschland an Depressionen erkrankt. Das entspricht knapp über 2 Mio. Betroffenen. Bei Frauen liegt der Anteil der Diagnose der Depressionen mit 11,3 %, mehr als doppelt so hoch. Das kann aber damit zusammenhängen, dass nur halb so viele Männer wie Frauen offen zugeben, dass sie sich seelisch belastet fühlen und psychische Probleme haben. Die Dunkelziffer der an Depressionen erkrankten Männern dürfte somit höher ist.

Die Ursachen: Mehr als nur Arbeitsstress

Was steckt hinter dieser Entwicklung? Ein Hauptfaktor ist der immense Druck unserer Leistungsgesellschaft. Viele von uns sehen Stress immer noch als Statussymbol und Zeichen von Leistungsfähigkeit. Die ständige Erreichbarkeit durch Smartphones und verschwimmende Grenzen zwischen Beruf und Privatleben tun ihr Übriges.

Aber es wäre zu einfach, nur dem Beruf die Schuld zu geben. Die Realität ist komplexer:

  1. Familiäre Verpflichtungen: Besonders betroffen von psychischen Erkrankungen wie Depressionen sind Familienväter. Die Umfrage der KKH ergab, dass Anfang 2024 mehr als die Hälfte (56 %) der Väter mit Kindern unter 18 Jahren oft unter hohem Druck standen. 2019 waren es nur 34 %. Die Gründe dafür sind vielfältig: von der Kindererziehung (45 % zu 33 % in 2019) bis zur Haushaltsarbeit (30 % zu 16 %).
  2. Gesellschaftlicher Wandel: Die traditionellen Rollenbilder sind im Umbruch. Viele Männer fühlen sich zwischen den Erwartungen an einen „echten Mann“ und den modernen Anforderungen an Väter und Partner zerrissen.
  3. Finanzielle Sorgen: Gerade der Altersgruppe der Best Ager können Gedanken an die Altersvorsorge oder unerwartete finanzielle Belastungen zu chronischem Stress führen.
  4. Gesundheitliche Veränderungen: Mit zunehmendem Alter treten häufiger gesundheitliche Probleme auf. Die Auseinandersetzung mit der eigenen Vergänglichkeit kann psychisch sehr belastend sein.
  5. Soziale Isolation: Viele Männer der Gen X haben Schwierigkeiten, tiefe Freundschaften zu pflegen oder neue Kontakte zu knüpfen, was zu Einsamkeit führen kann.

Das Schweigen brechen

Stephanie Engelmann betont:

„Jeder sollte sich trauen können, seelische Probleme offen anzusprechen, unabhängig vom Geschlecht“

Doch gerade für uns Männer ist das oft leichter gesagt als getan. Jahrzehntelang wurde uns beigebracht, „stark“ zu sein und Gefühle zu unterdrücken. Dieses Denkmuster zu durchbrechen, erfordert Mut und Übung.

Hier einige Tipps, wie der Anfang zu mehr Offenheit gelingen kann:

  1. Selbstreflexion: Nehmt euch regelmäßig Zeit, um über eure Gefühle nachzudenken. Ein Tagebuch kann dabei hilfreich sein.
  2. Offene Gespräche: Sucht das Gespräch mit vertrauenswürdigen Freunden oder Familienmitgliedern. Oft stellen wir fest, dass andere ähnliche Erfahrungen gemacht haben.
  3. Professionelle Hilfe: Es ist kein Zeichen von Schwäche, sich Unterstützung zu holen. Ein Therapeut oder eine Therapeutin kann wertvolle Werkzeuge zur Bewältigung von Stress und depressiven Gefühlen vermitteln.
  4. Achtsamkeit und Meditation: Diese Techniken können helfen, Stress abzubauen und einen klareren Blick auf die eigenen Gedanken und Gefühle zu bekommen.
  5. Körperliche Aktivität: Regelmäßige Bewegung setzt Endorphine frei und kann die Stimmung deutlich verbessern.
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© Dan Meyers (Unsplash)

Innovative Ansätze zur Unterstützung

Um diesem Ziel näher zu kommen, hat die Unternehmerin Diana Posner das Mental-Health-Portal reality bites ins Leben gerufen. Hier können sich Betroffene informieren, austauschen und mit Experten in Kontakt treten. Mit „Mental Corner“ bringt Posner dieses Konzept nun auch in Unternehmen.

Diese Plattformen bieten:

  • Anonyme Foren zum Austausch mit anderen Betroffenen
  • Videokonferenzen mit Psychologen und Therapeuten
  • Informative Artikel und Podcasts zu verschiedenen psychischen Gesundheitsthemen
  • Übungen und Tools zur Stressbewältigung und Selbstreflexion

Solche digitalen Angebote können gerade für uns Männer eine niedrigschwellige Möglichkeit sein, uns dem Thema psychische Gesundheit zu nähern.

Aktiv werden für die mentale Gesundheit

Auch die KKH setzt sich aktiv für die mentale Gesundheit ein. In Zusammenarbeit mit der Team Gesundheit GmbH veranstaltet sie vom 5. bis zum 11. Oktober 2024 die Mental Health Week. Diese bietet zahlreiche Vorträge, Mitmachaktionen und Vernetzungsmöglichkeiten zur Stärkung der psychischen Gesundheit.

Einige Highlights der Veranstaltung:

  • Workshops zu Stressbewältigung und Work-Life-Balance
  • Vorträge von Experten zu Themen wie „Männer und Depression“ oder „Burnout-Prävention“
  • Achtsamkeits- und Meditationskurse
  • Netzwerktreffen zum Austausch mit Gleichgesinnten

Es lohnt sich, einen Blick in das Programm zu werfen und vielleicht sogar teilzunehmen. Manchmal kann schon ein kleiner Impuls von außen helfen, die eigene Situation zu verbessern.

Weitere Infos gibt es darüber hinaus auf den Seiten zur MANtalHealth bei der KKH.

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© Leonhard Niederwimmer (Unsplash)

Fazit: Gemeinsam stark

Es ist an der Zeit, das Stigma rund um psychische Erkrankungen wie Depressionen zu brechen. Die steigenden Zahlen zeigen, dass Männer nicht allein sind mit ihren Problemen. Wichtig ist somit, offen über Gefühle und Sorgen zu sprechen und sich gegenseitig zu unterstützen. Es ist keine Schwäche, Hilfe anzunehmen. Im Gegenteil, es zeugt von Stärke und Selbstreflexion, sich seinen Problemen zu stellen und aktiv an Lösungen zu arbeiten.

Nur gemeinsam können wir diese Herausforderung meistern und zu einer Gesellschaft beitragen, in der psychische Gesundheit genauso selbstverständlich diskutiert wird wie körperliche. Es ist nie zu spät, den ersten Schritt zu tun – für uns selbst und für die nächsten Generationen.

Kai Bösel
Kai Bösel
Kai Bösel (Jg. 1971) lebt als Patchwork-Papa mit der Familie in Hamburg. Neben NOT TOO OLD betreibt er auch das Väter-Magazin Daddylicious. Außerdem ist er Experte für Influencer-Marketing. Bisher hat er bereits fünf eigene Unternehmen gegründet, schreibt für diverse Print- und Online-Magazine, tritt als Speaker und Moderator auf und betreibt zu diesem Magazin auch einen Podcast. Nach Feierabend entspannt er beim Laufen oder Golf.

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