Ein Gastbeitrag von Martin Schaarschmidt
Warum es ganz normal ist, dass das Hörvermögen irgendwann nachlässt, und was man dagegen tun sollte.
Dass unser Gehör im Laufe eines Lebens nachlässt, ist nur allzu menschlich. Verminderte Hörfähigkeit ist zumeist nicht die Folge einer Krankheit, vielmehr Folge natürlicher Alterung. So wie sich Haare, Zähne, Gelenke und überhaupt alles an unserem Körper verändert, verändert sich auch das Gehör.
Wie wir schlechter hören
Im Innenohr, der sogenannten Hörschnecke, die etwa so groß wie eine Erbse ist, sitzen viele tausend Haarsinneszellen, die in einer Flüssigkeit schwingen und so die Schallimpulse an den Hörnerv weiterleiten. Diese kleinen Härchen verlieren mit der Zeit ihre Beweglichkeit – so wie die Borsten einer oft benutzten Zahnbürste. Deshalb kommt immer weniger am Hörnerv an. Folge ist, dass uns nach und nach die hohen Töne fehlen. Dieser Prozess beginnt schon in jungen Jahren, ist jedoch lange kaum wahrnehmbar. Zum Problem wird er dann, wenn so viele hohe Frequenzen fehlen, dass auch das Verstehen von Sprache beeinträchtigt ist.
Wir hören dann immer noch viel. Doch Gesprächen zu folgen, fällt immer schwerer. Tiefe Selbstlaute wie a, e oder u hören wir zwar weiterhin deutlich. Es fehlen jedoch Anlaute wie s, t, p. Das Hörzentrum im Gehirn versucht, diese Lücken zu füllen. Doch das gelingt oft nicht mehr. Hieß es „Puppe“, „Suppe“ oder „Kuppe“? „Liebe“, „Triebe“ oder „Hiebe“? Man kann nur noch raten, und es kommt zu Missverständnissen. Anfangs lassen die sich vielleicht noch mit Humor nehmen. Doch wer ständig falsch liegt und nachfragen muss, entwickelt Strategien, um sein Defizit zu verstecken. Man fragt besser nicht mehr, hält sich in Gesprächen zurück, stimmt den anderen zu, obwohl man sie gar nicht verstanden hat.
Hinzu kommen weitere Schwierigkeiten – insbesondere in Gesprächen mit mehreren Personen. Beim Meeting, im Restaurant oder auf einer Party kann das Gehör nicht mehr filtern. Wir können das, was wir hören wollen, nicht mehr von störenden Geräuschen unterscheiden. Auch das Richtungshören lässt nach. An der Straße hört man das Auto noch, weiß jedoch nicht mehr intuitiv, aus welcher Richtung es sich nähert.

Ohren schützen – auch in der Freizeit
Etwa jeder Fünfte von uns lebt mit geminderter Hörfähigkeit. Darunter sind immer mehr Jüngere, deren Gehör aufgrund übermäßiger Pegel frühzeitig nachlässt. Doch weil sich Hörverlust meist schleichend entwickelt, wird er oft viel zu spät bemerkt. Dass man in Gesprächen schlechter versteht, ist vielen gar nicht bewusst. Oft stellt man erstmal nur fest, dass man am Abend erschöpfter ist als früher. Denn schlechtes Hören ist anstrengend. Da das Gehirn die fehlenden Informationen ständig ausgleichen muss, leistet es den ganzen Tag Schwerarbeit. Das ist Stress pur.
Um vorzubeugen, empfiehlt es sich, das Gehör von früh an zu schützen. Die Welt, in der wir leben, ist lauter als je zuvor. Und das Gehör ist dafür nicht entwickelt. In der Steinzeit war gutes Hören überlebenswichtig: Ein Raubtier in der Ferne brüllen zu hören, war deutlich besser, als es erst mit den Augen zu bemerken. Hohe Pegel bedeuteten Gefahr. Inzwischen haben wir gelernt, diese Pegel auszublenden. Man sitzt im Straßencafé umgeben von Verkehrslärm und hat dennoch das Gefühl, sich zu entspannen; auch wenn das Gehirn – dank „Steinzeit-Gehör“ – es völlig anders erlebt und „Gefahr“ meldet. Es wird uns gar nicht bewusst.
Ein Trugschluss ist übrigens, das Lärm nur dann schadet, wenn er uns stört. An lauten Arbeitsplätzen mit Pegeln ab 80 Dezibel ist Gehörschutz vorgeschrieben – und wird zum Glück von vielen auch genutzt. Doch ob Konzert oder Disco, Motorsport oder Heimwerkern, Sportschießen oder Jagd – Belastungen durch Freizeitlärm sind ebenso riskant wie Straßen- oder Maschinenlärm.
Die Zeiten, in denen Hardrockbands mit den lautesten Pegeln prahlten, sind lange her. Professionelle Musiker setzen heute auf In-Ear-Monitoring, um ihr Gehör auf der Bühne zu schützen. Auch immer mehr Konzertbesucher tun dies. Der kleine Schutz im Gehörgang ist dabei keinesfalls Spaßbremse: Guter Gehörschutz für Musik verfügt über spezielle Filter, die das Konzerterlebnis nicht schmälern. Andere Filter schützen vor sogenanntem Impulsschall, also etwa vor dem Schall eines Schusses. Zudem sitzt dieser Schutz komfortabler als die billigen Gummistöpsel. In Hörakustik-Fachgeschäften gibt es Maßanfertigungen, die auf Basis eines Ohrabdrucks hergestellt werden. Man kann sie jahrelang nutzen.

Den Hörverlust frühzeitig erkennen
Ist das Gehör gemindert, sollte man frühzeitig aktiv werden. Deshalb ist es wichtig, erste Anzeichen ernst zu nehmen. Wer häufiger nachfragen muss, Türklingeln überhört, Grillenzirpen oder Vogelstimmen vermisst, sollte skeptisch sein. Oft sind es Partnerin, Familie oder Freunde, die das Hörproblem eher bemerken: „Du hast den Fernseher schon wieder so laut…“ – Wer Sprüche wie diesen häufiger hört, sollte sie nicht einfach abtun.
Gewissheit bringt ein Hörtest. Den bekommt man beim Ohrenarzt, aber auch in Hörakustik-Geschäften, die ihn kostenlos und ohne lange Wartezeit anbieten. So ein Test ist schnell erledigt und er tut nicht weh. Aber er bringt Gewissheit. Empfohlen wird, den Hörtest jährlich zu wiederholen – wie den Vorsorgecheck beim Zahnarzt oder die Durchsicht beim Auto.
Wird ein Hörverlust nachgewiesen, berät der Hörakustiker weiter. Dann geht es um passende Hörgeräte. Keine Angst, die Geräte von heute haben nichts mehr mit den hässlichen, hautfarbenen Bananen zu tun, die es vielleicht vor 20 Jahren noch gab. Moderne Hörgeräte sind Hightech. Und sie sind smart. Jahr für Jahr entwickelt sich die Technik rasant weiter. Es geht vor allem darum, den perfekten natürlichen Hörsinn mit Technologie immer noch besser nachzubauen – mit leistungsstarken Chips, ausgeklügelter Mikrofontechnik, Automatiken…

Hörgeräte: Maßarbeit vom Hörakustiker
Diese Geräte haben aber auch viele zusätzliche Vorteile, können den Sound von Handy und TV empfangen, über App gesteuert werden usw. Sie lassen sich mit einem Klick in Kopfhörer oder Headsets verwandeln. Man hat Funktionen, die auch gut Hörende gerne hätten. In den wenige Gramm schweren Teilchen steckt eine Menge Know-how, das aus der Consumer Electronics stammt. Ebenso profitiert übrigens Consumer Electronics seit Jahren vom Know-how der Hörgeräte-Industrie.
Im Hörakustik-Fachgeschäft hat man die Möglichkeit, die Geräte für einige Zeit unverbindlich zu testen. Man kann auch Geräte vergleichen. Hat man ein Rezept vom Ohrenarzt, übernimmt die Krankenkasse in der Regel ca. 700 Euro pro Gerät. Man bekommt schon ohne Zuzahlung solide Geräte, die auch gut aussehen. Doch wie bei Handys oder Autos gibt es bei Hörgeräten unterschiedliche Klassen. Wer mehr Komfort will, muss dazuzahlen. Ob man den braucht, ist sehr individuell. Hier sind die Beratung des Hörakustikers sowie der Testlauf wichtig.
Und noch was ist wichtig: Anders als die allermeiste Technik sind Hörgeräte hoch personalisierbar. Jeder Mensch hört anders – ob gut oder schlecht. Jedes Ohr ist anders geformt. Und jeder von uns hat im „Höralltag“ andere Anforderungen und Wünsche. Hörakustiker sind hoch qualifizierte Gesundheitshandwerker. Sie sorgen nicht nur dafür, dass die kleine Technik von früh bis spät komfortabel am oder hinter dem Ohr sitzt. Sie programmieren die Geräte auch mittels sehr komplexer Software für das jeweilige Gehör und sie bleiben langfristig wichtige Servicepartner. (Weshalb man bei „günstigen“ Online-Käufen sehr vorsichtig sein sollte; der Service ist hier nämlich meist nicht inklusive.)

Hörgeräte-Trends: KI, Akku und smarte Vernetzung
Neuste Hörgeräte nutzen künstliche Intelligenz. Aktuell wird mit dem Hörgerät ReSound Vivia das weltweit kleinste KI-Hörsystem vorgestellt. Es verfügt nicht nur über einen extrem leistungsstarken Chip; ein neuer, zusätzlicher Deep Neural Network (DNN) Chip macht das winzige System zur bislang besten Lösung für das Verstehen im Lärm. Das Gerät sitzt hinter dem Ohr; in den Gehörgang führt ein dünner Draht mit dem winzigen Lautsprecher. Der wird idealerweise in einem maßgefertigten Ohrpassstück verbaut.
Der KI-Chip ermöglicht, auch in Restaurants, auf Partys oder in Gruppen von vielen Menschen gut zu verstehen, ohne dass man sich anstrengen muss. Möglich wird das durch die Nutzung riesiger Datenmengen: Das DNN wurde mit 13,5 Millionen gesprochenen Sätzen in verschiedenen Sprachen und mit unterschiedlichem Stimmeinsatz auf 3,9 Millionen abgestimmte Klangparameter trainiert. Es kann 4,9 Billionen Operationen pro Tag durchführen, um Sprache zu erkennen und Hintergrundgeräusche herauszufiltern.
Stark ist zudem auch die Akku-Leistung: mit einer Ladung reicht man bis zu 30 Stunden. Die Geräte werden einfach für wenige Stunden über Nacht in eine Ladebox gesetzt und induktiv aufgeladen. Und die ReSound Vivia Hörgeräte verfügen über den neuesten Bluetooth-Standard mit Auracast. Sie lassen sich bereits mit Auracast-fähigen Produkten koppeln und sichern für die nächsten Jahre neuartige Audio-Vernetzung – etwa in Sportsbar, Kino oder Flughafen. Vorhandene Auracast-Streams können über einen Assistenten in der Hörgeräte-App gefunden und ausgewählt werden. Akku-Power und Auracast-Streaming gibt’s jetzt übrigens auch schon sehr kostengünstig mit dem neuen Hörgerät ReSound Savi.
Text & Bilder von Martin Schaarschmidt (PR-Berater (DAPR) und Fachjournalist)